Familie Kuntze

David Gottlieb Christoph Kuntze
David Gottlieb Christoph Kuntze
geb.: 9. Mai 1820
gest.: 6. Februar 1887

Die Seifensiederei hat in Aschersleben eine lange Tradition. Gegen 1800 übten acht Seifensieder dieses Handwerk aus, vier von ihnen gehörten zur Familie Kuntze, einer der ältesten Ratsfamilien, die in mehreren Generationen zahlreiche Seifensieder hervorbrachte. Bereits im 18. Jahrhundert gab es für die Zünfte der Seifensieder strenge Vorschriften und Bedingungen. So durfte ein Meister nur einen Gesellen und zwei Lehrlinge beschäftigen. Wenn diese ausgelernt hatten, gab es eine Zwangspause. Und auch die Seifenmenge, die ein Meister innerhalb eines bestimmten Zeitraumes herstellen und verkaufen durfte, wurde von der Innung vorgeschrieben.

 
Rudolf Otto Kuntze
geb.: 26. August 1850
gest.: 18. Juni 1895
Gustav Carl Kuntze
Gustav Carl Kuntze
geb.: 1. Juni 1852 in Aschersleben
gest.: 15. Mai 1923 in Aschersleben
Emil Kuntze
Emil Kuntze
geb.: 1860
gest.: 1930
 
Dorothea Sophie Kuntze geb. Kunze
geb.: 10. Dezember 1856
gest.: 8. August 1945
 
Anna Friederike Sophie Kuntze geb. Staebe
geb.: 18. April 1856
gest.: 17. Januar 1930
 
Margarete Kuntze
geb.: 17. Juli 1880
gest.: 11. Februar 1954
 
Werner Kuntze
geb.: 8. August 1889 in Aschersleben
gest.: 2. Januar 1977 in Aschersleben


Die Geschichte der Firma Seifen-Kuntze

Um 1760 erlernte als erster Johann Martin Kuntze (1739 bis 1815) das Seifensiederhandwerk. Auf dem Tie – heute Hausnummmer 20 – betrieb er eine Seifensiederei. Auch Gottfried David Kuntze (1792 bis 1868) gründete dort eine Seifen- und Lichtefabrik – 1814 war das. Sein Sohn David Christoph (1820 bis 1887) tat es ihm gleich und eröffnete nach seinen Wanderjahren auf dem Hopfenmarkt 608 – heute 22 – einen eigenen Betrieb. Seine auf der Wanderschaft erworbenen fachlichen Erkenntnisse ermöglichten ihm, die handwerkliche Seifenproduktion schrittweise in eine fabrikmäßige Herstellung umzustellen. Er produzierte somit schneller und rationeller. Kuntze konnte im Jahr 1854 auch die Fabrik seines Vaters übernehmen und war führend in dieser Branche in Aschersleben. Seine Ware fand in Mitteldeutschland guten Absatz. Viele Seifen waren mit dem Namen „Kuntze – Aschersleben“ gekennzeichnet.

Neben den Seifen wurden auch Lichte aus dem gleichen Grundstoff hergestellt. Dafür war der Bedarf vor allem in den Haushalten sehr hoch, denn außer den Öllampen gab es keine weiteren Lichtquellen. Seit 1847 auf dem Hopfenmarkt eine Lichteproduktion eingerichtet worden war, wurden die Lichte nicht mehr gezogen sondern gegossen. Auch der Grundstoff entwickelte sich weiter. Da Lichte aus Rinder- oder Hammeltalg leicht ranzig wurden, löste man sie durch Stearinlichte oder Stearinkerzen ab.

Die Belieferung der Kunden im Mansfelder Land und dem Harzer Vorland erfolgte mit eigenen Planwagen, mit denen man bis zu drei Tage unterwegs war. Auch die für die Produktion notwendigen Materialien schaffte man größtenteils so heran. Das Salz wurde aus Staßfurt, das Soda aus Bernburg und die Kohle für die Siedekessel aus Nachterstedt geholt. 1897 feierte der Betrieb sein 50-jähriges Firmenjubiläum. Die Mitarbeiter ließen dazu ein dekoratives und informatives Album anfertigen.

Um 1910 verringerte sich die Zahl der Seifensieder. Während des Ersten Weltkrieges ging die Zulieferung von Ölen und Fetten stark zurück. Und nach dem Krieg beeinflussten auch andere Faktoren die Seifenherstellung negativ: Statt Seife wurde zunehmend Seifenpulver benutzt. Und als die ersten Waschmaschinen in den Handel kamen, sank die Nachfrage nach Seiden noch mehr. Auch die Weltwirtschaftskrise hat ihre Spuren hinterlassen. 1929 gab es nur noch die Seifenfabrik an der Hohen Straße, die 1939 in den Besitz einer Kommanditgesellschaft überging.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde dann ein neues Produkt entwickelt: Waschpulver. Es konnte synthetisch hergestellt werden und verdrängte allmählich sowohl das Seifenpulver und auch die Kern- und Schmierseife. Unmittelbar nach 1945 wurde der Familienbetrieb für eine kurze Zeit beschlagnahmt, aber Kuntze erhielt ihn bald zurück. So konnte Werner Kuntze, der inzwischen Leiter war, noch das 100-jährige Firmenjubiläum feiern, bevor der Konsumgenossenschaftsverband Halle die Seifenfabrik 1948 übernahm. Bis 1953 wurde weiter produziert und dann die Produktion gänzlich eingestellt.

Ein bleibendes Denkmal schuf die Familie Kuntze durch die Stiftung des Kuntzebrunnens am Hohen Tor. Nach seiner Gestalt und seinem Spender hatte er im Volksmund den Namen „Seifenstöpsel“. Heute erinnert neben dem Kuntzebrunnen auch der Straßenname Kuntzestraße an die Familie Kuntze und ihre Seifenfabrik. Erwähnt werden muss auch, dass die Familie Kuntze 1895 durch den Ankauf eines Teils des Apothekergrabens die Vervollständigung des Promenadenringes ermöglichte.

Die früheren Produktionsgebäude standen nach dem Aus der Fabrik lange leer. Später richtete man hier verschiedene Handelseinrichtungen ein, bis 1974 der endgültige Abriss erfolgte. Heute sind das ehemalige Wohnhaus und ein neu gestalteter Anbau in der Hohen Straße ein Seniorenwohnheim.

In der Familiengrabstelle Kuntze wurde ebenfalls beigesetzt:

Emil Kuntze, Sohn von David Christoph Kuntze und Bruder von Gustav Carl Kuntze, der 1923 nach dem Tod seines Bruders die alleinige Leitung der Firma übernommen und bis zu seinem Tod im Jahr 1930 inne hatte.

Fotos: Walter Strutz, Geschichtswerkstatt
Text: Frank Reisberg, Geschichtswerkstatt