Paul Geish

Paul Geish
Arzt, Stadtrat und Autor
geb.: 14. Juli 1871 in Staßfurt
gest.: 6. November 1949 in Aschersleben

Paul Geish wurde in Staßfurt als Sohn das Geheimen Sanitätsrates und zweiten Bürgermeisters Dr. med. Friedrich Wilhelm Geish geboren. Sein Urgroßvater war Arzt in Staßfurt, sein Großvater wurde Arzt in Staßfurt und nach 25jähriger Tätigkeit ebenfalls Bürgermeister. Die Familie stammt aus Aschersleben, wo 1728 ein David Valentin Geish Quartier- und Wachtmeister des 6. Kürassierregiments war. Der jüngste Sohn, Helmut (1918–1993), war ebenfalls Arzt und auch die Enkelin Sybille sollte diese Ärztetradition in 6. Generation fortsetzen. Nach dem Besuch des Pädagogiums der Franckeschen Stiftungen in Halle und des Victoria-Gymnasiums in Burg diente Paul Geish als Militärfreiwilliger ein Jahr in Berlin. Der Militärzeit folgte ein Studium der Medizin in Berlin, Leipzig, Kiel und München. Das Staatsexamen machte er in Marburg und die Approbation als Arzt erhielt Paul Geish im Februar 1897 in Berlin. Nach einer Assistenzzeit in verschiedenen Kliniken trat er wieder in den Militärdienst ein und nahm 1904 als Stabsarzt seinen Abschied.

Ließ sich als Praktischer Arzt nieder

Nach seiner Promotion ließ sich Dr. med. Paul Geish im Oktober 1904 in Aschersleben als Praktischer Arzt nieder und eröffnete seine Praxis zunächst in der Villa seines Schwiegervaters Julius Boehme, Wilhelmsplatz Nr. 10. Der ehemalige Kaufmann und Mitinhaber des „Modebazar“, Breite Straße 15, hatte sich das neue Gebäude 1896/97 vom Architekten Peter Schneider bauen lassen – zwei Häuser neben dem Stephaneum. Zur Besonderheit der gutgehenden und erfolgreichen Praxis des „Praktischen Arztes“ gehörte ein Röntgen-Apparat, den er ab Juni 1906 einsetzte. Im Adressbuch der Stadt Aschersleben von 1907 wird die Praxis deshalb auch als „Röntgen-Institut“ aufgeführt. 1918 sollte Paul Geish den Lehrstuhl für Geschichte der Medizin an der MLU Halle übernehmen, er lehnte ab. Später promovierte seine Enkelin an diesem Lehrstuhl. Um 1920 verlegte Dr. Paul Geish seine Praxis auf den Tie Nr. 21 und ab 1937 wurde die Neue Straße Nr. 4, ein um 1880 errichtetes Haus im Stil der Neurenaissance, zum endgültigen Wohnsitz und Arbeitsort. Hier starb Dr. Paul Geish am 6. November 1949 und wurde am 9. November auf dem Friedhof Schmidtmannstraße beigesetzt. Drei Jahre später fand hier auch seine Ehefrau Elsbeth (geb. Boehme) ihre letzte Ruhestätte.

In vielen Funktionen tätig

Viele Ascherslebener kannten Dr. Paul Geish nicht nur als Praktischen Arzt, sondern auch als Vertrauensarzt der Knappschaft und bis 1948 als Arzt der SVA (Sozialversicherung). Aber Paul Geish war nicht nur Arzt und Mediziner. Nachdem er nach Aschersleben übergesiedelt war, setzte er sich bereits früh für die Belange der Stadt ein. Im Jahr 1908 wurde er Stadtverordneter und Stadtrat und übte dieses Amt bis 1918 aus. In seiner kommunalen Arbeit war er Dezernent des neu erbauten Stadtbades (1906) und des Kuratoriums des Bestehornhauses (1908). Weiter war er Vorsitzender des Verkehrsvereins, des Museums und der Feuerlöschdeputation. Maßgeblich setzte er sich für den Neubau des Krankenhauses auf dem Dreihügelsberg ein (1912). Dieses kommunale Engagement würdigte die Stadt unter anderem mit einer Ehrenurkunde im Mai 1919. Ab 1920 war Paul Geish nicht mehr aktiv im kommunalen Bereich tätig. Neben seiner Tätigkeit als Arzt wandte sich Paul Geish immer mehr der Heimatgeschichte zu – als Heimatforscher und -schriftsteller. Er begann mit kleinen Artikeln, die er in der Ascherslebener Presse (u.a. im „Anzeiger“) veröffentlichte. Diesen folgte bald sein Roman „Um den Arnstein“ und die Erzählung „Der See“. In Folge erschienen weitere Romane, Erzählungen und Novellen. Gleichzeitig untersuchte er Sachfragen aus allen Bereichen des heimatlichen Umfeldes. Erkenntnisse dieser Arbeiten wurden in Artikeln zusammengefasst und veröffentlicht. Es gab wohl keinen Bereich, für den sich Dr. Geish nicht interessierte. Sein Interesse galt dem Münzwesen, der Militärgeschichte und Soziologie genauso wie der Burgenkunde, dem Bergbau und Brauchtum. Sein literarisches Engagement führte zur Aufnahme in das deutsche Schriftstellerverzeichnis. Noch wenige Monate vor seinem Tod schrieb er eine Reihe von dramatischen Szenen aus der Geschichte von Aschersleben nieder, die als Festspiel für das 1200-jährige Jubiläum der Stadt (1953) gedacht waren.

 

Text/Fotos: Frank Reisberg, Geschichtswerkstatt