Maler und Grafiker
geb.: 13. Oktober 1939 in Aschersleben
gest.: 9. Juli 2006 in Aschersleben
In Aschersleben als Sohn eine Handwerkerfamilie (Eislebener Straße 16) hineingeboren, war Heinrich Rademacher ein waschechter Ascherslebener, der seiner Heimatstadt bis zum Ende treu blieb. In den Nachkriegsjahren besuchte er als Grundschüler bis 1954 die Stephanischule. Das Spiel und der Umgang mit Farben faszinierten ihn schon als kleiner Junge und bereits als Kind erhielt der begabte und talentierte kleine Maler Anfang der 1950er Jahre ersten professionellen Malunterricht durch die Blumenmalerin Marlis Kasper (Lindenstraße 22) und den Kunstmaler Herbert Köppe (Mittelstraße 54). Von 1954 bis 1957 absolvierte er eine Lehre als Maler und Lackierer im väterlichen Betrieb (Eisleber Straße 16) und der Produktionsgenossenschaft (PGH) ASCANIA, bevor er ein Studium an der Fachschule für Angewandte Kunst in Magdeburg begann. Nach dem Wehrdienst in der Nationalen Volkarmee (1960-1963) studierte er an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden, Fachbereich Tafel- und Wandmalerei bei bekannten Lehrkräften wie H.-T. Richter, G. Horlbeck, G. Kettner, A. Hesse und H. Lohmar. In dieser Zeit verband ihn eine Freundschaft mit dem Dresdner Drucker Roland Ehrhardt, bei dem er auch Otto Dix traf, der dort in der Druckerei während der Sommermonate lithographierte.
Vielfältige Wirkungskreise
1968 erhielt er sein Diplom für Wandmalerei und wurde danach freischaffender Maler und Grafiker in Aschersleben. Hier war er neben seiner künstlerischen Arbeit auch als Leiter von Volkskunstzirkeln tätig. Im Klub „Adam Olearius“ des Kulturbundes der DDR am Burgplatz in Aschersleben leitete Heinrich Rademacher von 1975 bis 1990 die „Kleine Galerie“. Von 1990 bis 1992 lehrte er an der neu gebildeten Malschule Aschersleben.
Seit 1968 waren seine Arbeiten in zahlreichen Einzelausstellungen zu sehen, beteiligte er sich an nationalen und internationalen Ausstellungen und nahm an verschiedenen internationalen Plenairen (u.a. 1974 Katowice/Polen, 1984-88 Buna-Interplenair) teil. Ab 1985 hatte er einen Freundschaftsvertrag mit der Betriebsdirektion OSP im VEB Chemische Werke Buna, die seine Arbeit unterstützte. In diesen Jahren realisierte Heinrich Rademacher vielfältige Auftragsarbeiten der Wand- und Raumgestaltung in Schulen, Betrieben und Einrichtungen (Tafel- und Wandmalereien).
Verschiedene Ehrungen
Bis 1997 wirkte er als Schriftgrafiker bei der ASCANIA Maler GmbH. 2004 wurde Heinrich Rademacher die Ehrenmedaille der Stadt Aschersleben verliehen. Verschiedene Studienreisen führten ihn während des Studiums nach Bulgarien und später nach Italien, Sizilien, Griechenland, Ägypten, Andalusien und Frankreich. Die Eindrücke und Impressionen schlugen sich in zahlreichen Arbeiten nieder.
Experimentierfreudigkeit
Neben Malerei-Arbeiten in verschiedenen Techniken (Öl, Acryl, Tempera) schuf Heinrich Rademacher zahlreiche grafische Werke als Lithografien, Holz- und Linolschnitte, Federzeichnungen. So vielfältig wie seine Techniken waren auch die Motive, die von Naturstudien über Stillleben und Porträts bis hin zu Aktzeichnungen, Ascherslebener Ansichten und Landschaften reichen. Im Stadtgebiet von Aschersleben und in Orten der Umgebung erinnern noch zahlreiche von ihm angefertigte und angebrachte Werke der baugebundenen und angewandten Kunst an den Künstler. (siehe Liste ausgewählter Arbeiten)
Auch neuen Techniken gegenüber war er sehr aufgeschlossen. Mit großer Experimentierfreudigkeit stellte er sich in den letzten Lebensjahren der Herausforderung und entdeckte die Computergrafik als Kunstform für sich. Er fasste es als neue Ausdrucksform seiner Ideen auf.
Anlässlich der 1250-Jahr-Feier von Aschersleben 2003 entwarf Heinrich Rademacher die Motive von vier Sonderbriefmarken: das Rondell, der Rabenturm, der Johannisturm und der Pulverturm sowie die Wassertormühle mit dem Elisabethzwinger. Neben seinem umfangreichen künstlerischen Werk wird auch seine Arbeit als langjähriger Kursleiter weiterwirken. Einige seiner Schüler waren Absolventen der Burg Giebichenstein und mit Neo Rauch ist ein bedeutender Maler der Gegenwart die ersten künstlerischen Schritte an der Hand von Heinrich Rademacher gegangen.
Von Heinrich Rademacher im Stadtgebiet von Aschersleben angefertigte und angebrachte Werke der baugebundenen und angewandten Kunst (Auswahl)
1968 „Bulgarische Begegnung“, Wandmalerei (Diplomarbeit) im „Volkshaus“ (Bestehornhaus) Aschersleben – bei Renovierungsarbeiten entfernt
1971 „Kinder und Tiere“, Fliesenkeramik im Kindergarten „Bummi“, Hans-Grade-Straße
1973 „Dekorativer Brunnen mit Wasserspiel“, opakes Glas mit Wasserspielelementen aus Kupfer vor der „Stadthalle“, Güstener Straße – Abriss 1998 (heute Parkplatz am Restaurant „BurgerKing“)
1973 „Historisches und gegenwärtiges Aschersleben“, transportables Wandbild im Saal des „Hauses des Handwerks/der Werktätigen“, Eislebener Straße – bei einem Großbrand 1987 vernichtet
1974 „Gedenkstätte für die Märzgefallenen und die Opfer des Faschismus“, Friedhof Aschersleben – Neugestaltung
1975 „Sowjetisches Ehrenmal“ auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof, Friedhof Aschersleben – Neugestaltung
1975 „Tiere und Pflanzen“, transportable Fliesenkeramik im Sozialgebäude des Kreiskrankenhauses Aschersleben, Eislebener Straße – später Kindersanatorium Westerberge
1976 „Weltzeituhr“ mit 6 verschiedenen Zeitangaben, sechseckige dekorative Säule mit Glasmosaik und rundem dekorativ gestalteten Aufsatz aus Edelstahl an der Südwestecke des Platzes der Jugend (Herrenbreite) – im Rahmen der Landesgartenschau 2010 Standort versetzt und Säule neu gestaltet
1977 „Die vier Elemente“, geometrisches Glasmosaik aus opakem Glas in Zement am Eingang des neugebauten Schulgebäudes der 2. Oberschule (ab 1991 Grundschule), Froser Straße – Abriss des Schulgebäudes 2009
1984 „Adam Olearius“, Tafelbild, Ölfarbe in Lasuren auf Hartfaser im Klub „Adam Olearius“ der Ortsgruppe Aschersleben des Kulturbundes der DDR, Burgplatz (bis 1990)
1986 „Tier- und Pflanzenmotive“, zwei transportable Fliesenkeramiken, eine Tafel unter Verwendung von gemalten Fliesen aus Kinderhand in der Kinderkombination Stadtpark (heute Kindertagesstätte „Maria Montessori Kinderhaus“)
1987 „August Bebel“, Kopf aus Aluminiumgießband auf rechteckigem rotem Backsteinpfeiler (Fugenmauerwerk) vor dem Wassertor (neben Supermarkt aldi)
Text/Fotos: Frank Reisberg, Geschichtswerkstatt