Prof. Walter Buhe

Walter Buhe
Maler und Gebrauchsgrafiker – Ehrenbürger der Stadt Aschersleben
geb.: 26. Mai 1882 in Aschersleben
gest.: 22. Dezember 1958 in Leipzig

Auf Walter Buhe trifft man noch heute: Er hat unter anderem die farbigen Glasfenster in der Aula des Gymnasiums Stephaneum entworfen. Walter Gährisch hat über den Maler und Gebrauchsgrafiker geschrieben. Auszug aus „Lebensbilder großer Stephaneer": Walter Buhe wurde als zweiter Sohn des Kaufmannes Heinrich Buhe und seiner Ehefrau Emma geborene Märker, in Aschersleben, Hinter dem Turm 2, am 26. Mai 1882 geboren. Er besuchte das Stephaneum von Nona an und erhielt dabei seine erste zeichnerische Ausbildung durch den Zeichenlehrer Karl Kraft. Kurt Ziesenitz (Heimatdichter aus Aschersleben, 1882 bis 1961, Anm.), schildert ihn als lebensfrischen, unbekümmerten und immer zu schalkhaften Scherzen aufgelegten Schüler. Seine künstlerische Begabung setzt sich entgegen dem Wunsch des Vaters, ihn Kaufmann werden zu lassen, durch. In einer Kleinstadt wie Aschersleben gab es keine Kunstschule. Darum lernte er zunächst Lithograph in der Firma H.C. Bestehorn. Lithographie war damals noch direktes Zeichnen mit Fetttusche auf den Schieferstein in verschiedenen Manieren, eine Fertigkeit die für seine spätere Tätigkeit als Graphiker von grundlegender Bedeutung war. Anschließend führte ihn sein Weg nach Berlin. Hier besuchte er mit Hilfe eines Stipendiums des Ramdohrstiftes, dem ein Staatsstipendium folgte, die Kunstgewerbeschule von 1904 bis 1910, wo er von Professor Emil Orlik in allen graphischen und malerischen Techniken ausgebildet wurde. Nach der Ausbildung folgte von 1912 bis 1915 seine erste Anstellung als Lehrer an der Berliner Kunstschule. Hier wurde er Nachfolger von Ludwig Sütterlin, dem Schöpfer der in allen Schulen gelehrten Sütterlin-Schreibschrift. Im Weltkrieg kam er zu der von der Militärverwaltung herausgegebenen „Wilnaer Zeitung“, wo er von 1916 bis 1918 lebensnahe Illustrationen aus dem Volksleben schuf. 1920 wurde er dann als Professor für angewandte Graphik an die Akademie für graphische Künste in Leipzig berufen, an der er 27 Jahre lang wirkte und dabei eine lange Reihe von Talenten zu tüchtigen Graphikern ausbildete. Hier begegnete ich ihm, als ich in der Abteilung von Professor Götz die Feinheiten der Farbenphotographie kennen lernte. Als er hörte, dass ein Stephaneer auf der Akademie war, besuchte er mich sofort und fragte nach meinen Plänen. Ich konnte ihn dann durch die Anfertigung von Prägeplatten bei seinen künstlerischen Arbeiten unterstützen. Mit seinen Schülern unternahm er in dieser Zeit Studienfahrten in die verschiedenen Landschaften Deutschlands, aber auch in die Tschechoslowakei, Polen, Ungarn und Rumänien. Nach dem zweiten Weltkrieg blieb er in Leipzig unermüdlich tätig. Er schuf Illustrationen für Tageszeitungen und Aquarelle für die Leipziger Messe. Zur 1200-Jahrfeier der Stadt Aschersleben (1953, Anm.) brachte er eine Bildermappe mit 12 Aquarellen heraus. In Würdigung seines künstlerischen Wirkens als Maler der Heimat wurde er am 16. Mai 1957 Ehrenbürger der Stadt Aschersleben, kurz vor seinem 75. Geburtstag. Seine Gesundheit ließ schon damals zu wünschen übrig. Eine Behandlung in Buch bei seinem Freund und Mitschüler, Professor Walter Friedrich, hatte nicht die vollständige Heilung gebracht. Seine heimtückische Krankheit brach im Jahre 1958 wieder durch und am 22. Dezember 1958 schlossen sich in Leipzig seine unermüdlichen Augen für immer. Nach einer Trauerfeier in Leipzig wurde seine Urne auf seinen Wunsch in heimatlicher Erde beigesetzt. Der Verband ehemaliger Stephaneer legte seinem großen ehemaligen Mitglied einen Kranz auf seinem Grabe nieder. Neben der großen Schar seiner Freunde trauerten um ihn seine zweite Frau, die ihn treu gepflegt hat, und seine beiden Söhne aus erster Ehe: Klaus in Bremen und Thomas in Leipzig, der sein künstlerisches Erbe pflegt…

Über die künstlerische Persönlichkeit von Walter Buhe:

…Schon während seiner Ausbildung auf der Kunstgewerbeschule in Berlin schuf er die Federzeichnungen zum Führer von Aschersleben von Dr. Hans Heckner, dessen erste Auflage 1909 herauskam. Er fand hierfür einen eigenen Stil mit kräftigem Federstrich, alle Einzelheiten vermeidend, um zu einer großzügigen Wirkung zu kommen und dabei doch das Material erkennen zu lassen. Dieser Stadtführer fiel so ganz aus dem damals üblichen Rahmen heraus und erregte ein solches Aufsehen, dass er bald Nachahmer fand, so z.B. in Jena, Amorbach und anderen Orten. Schon bei diesem Stadtführer trat seine Vorliebe zu einfachen Volkstypen hervor. Ich führe dies auf seine bäuerlichen Vorfahren zurück. Wie mir sein Bruder Theo schrieb, stammt die Sippe Buhe väterlicherseits aus der Magdeburger Gegend aus einer Bauernfamilie, deren Stammbaum etliche Jahrhunderte zurückliegt. Seine Vorliebe für das Volk trat noch stärker während seiner Tätigkeit als Illustrator der Wilnaer Zeitung hervor. Hier waren es besonders die Juden, die zu den ärmsten Schichten der Bevölkerung Wilnas gehörten, die seinen Zeichenstift reizten. Er hatte diese Zeichnungen 40 Jahre aufbewahrt, so dass die jüdische Gemeinde in Berlin nach seinem Tode eine Sonderausstellung mit ihnen veranstalten konnte. Äußerst fruchtbar war seine Tätigkeit auf der Akademie für graphische Künste in Leipzig. Wie bei der Eröffnung der Ausstellung seiner Werke 1957 durch Professor Arno Drescher festgestellt wurde, überrascht bei ihm die Mannigfaltigkeit technischen Ausdrucks, Zeichnungen mit Stift und Pinsel, Holzschnitte, Lithographien, Radierungen, Aquarelle und Ölgemälde. Die eine Seite seiner Kunst war dabei die Graphik. 1932 widmete das Archiv für Buchgewerbe und Graphik ihm eine Sondernummer mit dem Titel „Walter Buhe als Graphiker“ von Dr. Hans Richter. Anläßlich seines 50. Geburtstages findet hier sein gesamtes graphisches Werk eine eingehende künstlerische Wertung. „Seine Holzschnittarbeiten, im Technischen angeregt durch seinen Lehrmeister Orlik, zeigen den praktisch Geschulten, der in kleinen idyllischen Szenen und Plakaten eine dem Holzschnitt anhaftende Schwere und Unbeweglichkeit überwunden und eine gefällige Leichtigkeit der graphischen Darstellung erworben hat.“ „Bezeichnend für diese Art, materialechte Holzschnittarbeit großen Formats zu leisten, sind Plakate und sonstige graphische Arbeiten, die Buhe für verschiedene Aufgaben seiner Heimatstadt Aschersleben gefertigt hat. In einer kräftigen Manier geschnitten, sind sie zugleich bildhaft und plastisch und von einem starken Feingefühl in der Verteilung von Schrift und Gegenstandsbeziehung.“ Seine Zeichnungen besonders in dem Buch „Was nicht im Baedeker steht“ sind locker und lebendig. Er beherrscht souverain den Zeichenstift oder die Feder. Bei den gebrauchsgraphischen Arbeiten hatte er während der Berliner Jahre einen leicht barockisierenden Stil, der auch im Aschersleber Notgeld anklingt. Jetzt verwendet er einfache Linien und baut auf dem Motiv seiner Zeichnung auf. Als Nachfolger Sütterlins in der Berliner Kunstschule schuf er eine eigene deutsche Schrift, die Buhe-Fraktur, der nach dem ersten Weltkriege die fette Buhe-Fraktur folgte. Seine lithographischen Kenntnisse von seiner Lehre bei H.C. Bestehorn konnte er bei einer Festschrift der Eisengießerei Meier & Weichelt anwenden, für die er packende Lithographien aus dem Arbeitsleben schuf. Es ist schwer, sein gesamtes Arbeitsgebiet als Gebrauchsgraphiker zu umreißen. Es umfasst außer dem Genannten Kalender, Packungen, Signets, Briefmarkenentwürfe, Handeinbände und so manches andere. Erwähnenswert ist auch seine Zusammenarbeit mit dem heimatlichen Drucker Hermann Volkhardt. Der Titel der Beilage zum Anzeiger „Die Warte“ stammt z.B. von ihm. Neben seinen eigenen künstlerischen Arbeiten lagen ihm auf der Akademie die Ausbildung der Jugend besonders am Herzen. Ich selbst kenne eine Reihe von bedeutenden Gebrauchsgraphikern, die aus seiner Klasse hervorgegangen sind. Wie schon erwähnt, kamen zu dem Unterricht auf der Akademie Studienreisen, die jedes Jahr in ein anders Land führten und in ihrer Art einmalig in Deutschland waren. Auch für den Künstler selbst führten sie zu fruchtbarer Arbeit als Vorbild für seine Schüler. Als Beispiel erwähne ich hier sein Büchlein „Aus einem böhmischen Dorf“, dessen Text er selbst geschrieben und dessen Illustrationen er selbst in Holz geschnitten hat. Rosendorf, so heißt dieses Dorf, gab auch den Anlaß für sein Werk „Die Leute von Rosendorf“ mit 30 Holzschnitten und eigenhändigen Schilderungen der abgebildeten Einwohner, das auf der Pariser Weltausstellung 1937 die Goldmedaille erhielt. Wenn auch die graphischen Arbeiten bei Walter Buhe hervortreten, so ist er doch auch ein guter Maler gewesen. Aus der Kritik einer Ausstellung erfahren wir: „Da ist ein 'fliehender Wald'. Wie die Bäume sich biegen, wie die Wolken jagen und der Sturm heult. Das ist lebendige Kunst. Dort sind 'Dünenarbeiter'. Das ist weder Leinwand noch Farbe, sondern Raum für durchaus gelungene Luftperspektive, das beste Beispiel der Sammlung. Ihm kommt eine Landschaft (Kurische Nehrung) am nächsten mit tief in die Ferne gehendem Hintergrund. Wie keck Buhe im ´Wasserfest´ zugreift. 'Kinder im Wasser' kennen wir schon von der Reproduktion aus der 'Jugend' … Der Künstler sucht eben die Farbenstimmung und nimmt sie da und dort, wo sie ihm geboten wird.“ Aber nicht nur mit Ölfarben konnte er gut umgehen, auch Aquarellieren nach der Natur beherrschte er. Vor mir liegt eine Sammlung von Aquarellen „Aus einem siebenbürgischen Dorf“. Da sehen wir nicht nur Bauernhäuser an der Straße, sondern auch die Bäuerin beim Spinnen, die Magd an der Wiege und die Bauernkinder bei Schularbeiten bei aller Keckheit des Pinsels mit großer Liebe für die Einzelheiten. Es ist Bauernkunst, wie sie Buhe durch seine bäuerlichen Vorfahren im Blute hatte. Auch nach dem zweiten Weltkrieg hat er weiter aquarelliert. Hier möchte ich besonders auf die Mappe mit 12 Ansichten anlässlich der 1200-Jahrfeier der Stadt Aschersleben eingehen, die in dem ehemaligen Bestehornschen Betrieb in Aschersleben gedruckt wurden und als schönste Jubiläumsgabe gelten kann. Im Vorwort schreibt Buhe „Mit den in dieser Mappe zusammengestellten Aquarell-Wiedergaben wird versucht, das im Stadtgefüge vorhandene wertvolle Kulturgut zur Geltung zu bringen, das noch die Einheitlichkeit und Geschlossenheit alten Gestaltens aufzuweisen hat.“ Sie enthält das alte Rathaus, Stephanikirche, Marktplatz, Margaretenkirche, Halken, Rundteil am Stephaneum, der Kiethof als Malerwinkel der Altstadt, der Hof im Krukmannschen Haus und der Apothekergraben mit der Malzmühle, den ich von Buhe erwerben konnte und der heute mein Arbeitszimmer schmückt. Aus der Umgebung kamen noch der Arnstein und das Krähengeschrei hinzu, das Buhe wegen seiner kargen Schlichtheit am meisten geliebt hat. Aus der Gegenwart brachte er nur die Kinderkrippe am alten Friedhofs in der Lindenstraße. Da die Mappe wieder aufgelegt ist, besteht auch heute noch Gelegenheit, ein Werk Buhes zu besitzen. Eine seiner letzten Arbeiten war die Ausmalung der Kinderkrippe an der Herrenbreite mit kindlichen Motiven. Bei dieser Gelegenheit möchte ich an den Bildschmuck für das Liederbuch „Klingendes Kinderland“ (Verlag Hans Sikorski, Hamburg) erinnern, das die Lebenswelt des Kindes in Verbindung mit vielen heimatlichen Motiven enthält. Es ließe sich noch vieles hinzufügen, was Walter Buhe in seiner Heimat gemalt, radiert oder gezeichnet hat. Er ist bis zuletzt ein volkstümlicher Maler der Heimat geblieben. Er war in Aschersleben überall bekannt, wenn er mit der Baskenmütze auf dem Kopf auf einem Stühlchen saß und einen malerischen Winkel unserer Heimat zeichnete, umgeben von Kindern, die seiner Arbeit bewundernd zuschauten…

Walter Buhe und das Stephaneum:

…Auch zum Verband ehemaliger Stephaneer, dessen Mitglied er war, hatte er ein inniges Verhältnis. Seine Stadtführerzeichnungen belebten die Losen Blätter vor und nach dem ersten Weltkrieg, bis er speziell für uns gefertigte Heimatzeichnungen sandte, die seinen neuen Stil zeigten. Auch illustrierte Artikel konnten wir von ihm abdrucken, so z.B. „Die Kurrende“, „Winterreise in die Tatra“, „Von alter und neuer Handwerkskultur“ und anderes. Die Festschrift zur 600 Jahr-Feier des Stephaneums und den ersten Band der „Lebensbilder großer Stephaneer“ betreute er graphisch, zeichnete die Titel und den Buchschmuck. Sein bedeutendstes Werk waren aber die farbigen Glasfenster in der Aula des Stephaneums, die er im Auftrage des Verbandes entwarf. Professor Paul Schultze-Naumburg urteilt über sie: „Einen der verhältnismäßig seltenen Fälle, in denen sich alle Umstände glücklich zusammenfanden, um eine Auferstehung der Glasbildkunst zu feiern, bilden die farbigen Glasfenster des Stephaneums in Aschersleben. Die Aula diese alten Gymnasiums gab einen Weiheraum her, in dem man von dem üblichen Begriff der nur lichtspendenden Glasfenster absehen konnte, und in Professor Buhe fand sich ein Künstler, der nicht allein das technische Problem meistern konnte, sondern es auch verstand, den Inhalt der Schöpfungen mit seinem Herzblut zu durchtränken. Als alter Stephaneer führte er das Motiv durch, auf welche Wege des Lebens diese Jugendpflanzstätte hinaufführt und schildert demgemäß neben den akademischen Berufen auch die Hauptbeschäftigungsfelder, wie sie sich um und in Aschersleben ausbreiten: die Landwirtschaft, die Blumenzucht, den Kalibergbau und die Papierfabrikation.“ „So sind die im oberen Rundteil der Fenster eingefügten Porträts ehemaliger Stephaneer oder verdienter Bürgermeister der Stadt Aschersleben oder die im Bildteil eingefügten Züge des Physikers Friedrich im Sinne des alten Kunst, wenn sich auch die Handschrift geändert hat. Auch die Darstellung der Kanzel auf dem Theologen-Bilde klingt an die der alten Stephani-Kirche in Aschersleben an.“ „Aus allem spricht die starke Begabung Buhes gerade für derartige Aufgaben, dass es wünschenswert wäre, wenn wir noch recht vieles von seiner Hand erlebten.“ Um das Wirken Walter Buhes für den V.e.St. abzurunden, möchte ich noch erwähnen, dass er uns nach dem zweiten Weltkriege einen Lichtbildervortrag über das Thema „Heimat als künstlerisches Erlebnis“ hielt, in dem er alles zusammengetragen hatte, was er an Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen, Radierungen und Holzschnitten von der Heimat geschaffen hatte. Und schließlich darf auch der Film von Aschersleben nicht vergessen werden, den er für den V.e.St. gedreht hat. Wir konnten ihn nach dem zweiten Weltkrieg noch einmal mit viel Vergnügen sehen. Am meisten gefiel das Turnen der Lyzeums-Schülerinnen mit Pumphosen auf dem Schulhof. Nach der Vorführung zur 1200-Jahrfeier in Aschersleben ist er leider nicht wieder zu uns zurückgekehrt. So rundet sich das Bild der Persönlicjkeit Walter Buhes als volkstümlicher Künstler, der uns und der Heimat … viel gegeben hat. Von dem schon erwähnten Professor Drescher wurde er Ludwig Richter, Curt Bantzer, den Worpsweder und Dachauer Künstlern an die Seite gestellt. Wir sind daher stolz darauf, dass er unser Mitschüler gewesen ist.

 

Fotos: Frank Reisberg, Geschichtswerkstatt
Textquelle: Walter Gährisch – Lebensbilder großer Stephaneer, Band 2, herausgegeben von Dr. Otto Ritzau, Verband ehemaliger Schüler des Stephaneums zu Aschersleben e.V. 1978